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Heiko Behrens, Rahim Abdi

 

Und Gott erschuf das Make-up

1998, 16 mm, Farbe, 70 Min.

Regie, Buch, Schnitt, Produktion: Lothar Lambert. Kamera: Albert Kittler.

Darsteller: Heiko Behrens, Michael Sittner, Anatoli Jalnin, Hans Marquardt, Dennis Buczma, Klaus Redlich, Erika Rabau, Lothar Lambert, Dorothea Moritz, Dirk Schütt, Selman Arikboga, Rahim Abdi, Nilgün Taifun, Ulrike S., George Zikidis, Ronald Brandhorst, Kudret N., LeeRoy & Mike, Faruk Özdemir und als Gäste René Koch sowie Salomé.

Der Erinnerung an Stefan Menche gewidmet.

 

Beobachtungen bei den Dreharbeiten zu diesem Film zeigt die Dokumentation „Made in Moabit“.

 

Kurzinhalt

Szenen aus dem Dasein der Insassen einer psychiatrisch betreuten Wohngemeinschaft für Menschen, die lieber dem anderen Geschlecht angehören möchten oder zumindest dementsprechend aufgemacht herumlaufen. Darunter ein offenbar Sexsüchtiger, der sich gern prostituiert, ein türkischer Familienvater mit Putzfimmel, ein geheimnisvoller Exilrusse, eine Frau mit Penisneid und eine ältere Dame, die sich für den Fußballstar Pelé hält.

 

Inhalt (ENTHÄLT SPOILER)

Eine ältere Frau sitzt mit ihrem fülligen, nicht mehr ganz jungen Sohn beim Psychiater und berichtet, dieser wäre kontaktscheu und ihr „an die Wäsche gegangen“: Sie habe ihn dabei ertappt, wie er Wäsche von ihr anziehen wollte. Der Arzt empfiehlt die Einweisung in eine senatsgeförderte Wohngemeinschaft für „Menschen, die zwischen den Geschlechtern hin und her wandern“. Die Mutter ist begeistert, der Sohn nicht. [weiter]

 

Lothar Lambert erinnert sich (2010)

Bei diesem Film hatte ich von vornherein das Gefühl, daß das eine ähnliche Geschichte ist wie „Was Sie nie über Frauen wissen wollten“. Ich habe dann auch gesagt: Das ist ein Remake. Nun kann man das als Einfallslosigkeit bezeichnen, doch es hat mir Spaß gemacht, noch mal so eine geschlossene Gesellschaft zu zeigen, aber mit ganz anderen Typen – eben Pseudofrauen statt Frauen. Dadurch sind auch ganz andere Interaktionen entstanden. Hier hat mir wieder die Rolle des Psychiaters Spaß gemacht, eine Variation des Dr. Merkel aus „Was Sie nie über Frauen wissen wollten“, nun ebenfalls mit Ansatz zur Travestie. Nach „In Haßliebe Lola“ wollte ich zwar eigentlich nicht mehr in den Fummel steigen. Aber hier war das ja nur kurz, keine Rolle als Transvestit, sondern als Mann, der sich seinen Patienten immer weiter annähert, aber aus therapeutischen Gründen. Ich habe mir zum zweiten Mal nach „Drama in Blond“ die Haare gefärbt für einen Film. Ich glaube, ich wollte nicht als Graukopf auftreten. Daß das dann statt blond eher rot wurde… – wenn man sich was auf die Haare kleistert, kommt immer etwas anderes raus, als man sich vorgestellt hat.

Die Darstellerin der Russin kannte ich aus dem Tiergarten, die war so richtig aus dem Milieu. Da war sie noch ein Junge. Später, nach dem Film, hat sie sich wohl ganz umbauen lassen. Aber Heiko Behrens ist kein Transvestit, Klaus Redlich auch nicht. Und Dennis Buczma ist ja eine Dauerdarstellerin von mir. Die hat zwar etwas Androgynes, läuft privat aber auch nicht mit Bart herum. Dirk Schütt, der den anderen WG-Bewohner aus dem Osten spielt, kannte ich aus dem Café Berio, ebenso wie den Türken, der das Putzmädchen spielt, Selman Arikboga. Das war ein schwuler Aktivist. Der hatte etwas falsch verstanden und brachte zum Dreh ein voluminöses Dienstmädchenkostüm mit, das er sich von der Deutschen Oper geliehen hatte. Ich sagte: Um Gottes willen, du sollst doch nur so ein kleines Schürzchen tragen, nicht so ein Riesending. Der war dann ganz frustriert, daß er das nicht anziehen durfte.

Michael Sittner wirkte hier noch niedlich, mit Löckchen auf dem Kopf und ganz großen Augen, er machte noch auf Kind. Später spielte er anders, er wurde dann ja auch noch dicker, rasierte sich den Kopf. Dadurch wirkte er bedrohlicher. Salomé kam vermutlich in den Film, weil Hans Marquardt ein Interview mit ihm gemacht hatte und ich mitgegangen war. Der kannte mich natürlich, und es war unkompliziert, ihn zum Mitmachen zu bewegen. Das Ergebnis ist nicht schlecht, aber ich sehe das ja immer von der Schwierigkeit her, jemanden dazu zu bringen, seine drei Sätze richtig aufzusagen. Der hübsche Türke, an den sich Hans schmiegt, war der damalige Freund von Heiko und auch total talentfrei. Der Kunde von „Heike“, der in der Wohnung auf sie wartet und ihre Qualitäten lobt, ist der kleine Bruder von Nilgün Taifun. Der war zufällig mal beim Dreh. Wie ich zu René Koch kam, weiß ich nicht mehr. Er würde gerne mal wieder mitmachen. Aber mir fiel bisher nichts ein.

Diesen vorgeblichen Porno mit LeeRoy & Mike, den sich Heiko, Michael und Klaus im Fernsehen ansehen, haben wir gedreht. Die beiden hatten eine Galerie in der Ackerstraße, ich habe da ausgestellt und sie haben zur Vernissage diese Performance gemacht. Wenn ich was drehe, hab ich ja immer im Hinterkopf, daß ich’s mal verwenden kann.

Ich finde, der Film ist rund. Die Katja Nicodemus, damals beim „Tip“, hat er zu „Begeisterungsstürmen“ hingerissen. Und am besten fand sie die Szene, in der alle tanzen. Die ist ja eigentlich zu lang. Aber ich sehe sowas einfach gern, ich liebe Tanzen. Und der dramaturgische Sinn ist hier, daß über das Tanzen zum ersten Mal so eine Art Gemeinschaftsgefühl entsteht und sich auch der Therapeut auf die gleiche Ebene begibt wie seine Patienten. Die ganzen Haßgefühle, die Eifersucht, das ist alles weg. Für die paar Minuten ist die Welt in Ordnung: ein harmonisches Gruppenbild mit Dämchen.

Bei den Dreharbeiten wurde mein Atelier von der Polizei gestürmt. Wir haben in der kleinen Grünanlage zwischen Oldenburger und Emdener Straße, wo ich gerne drehe, die Aufnahmen gemacht, wie Ulrike S. und Heiko Behrens sich lautstark streiten. Dabei haben uns Kinder beobachtet, wie man es auch im Film sieht. Dann haben wir unseren Krempel eingepackt und sind ins Atelier zurück. Und die Gören, aufgekratzt und aufdringlich, sind einfach hinter uns her, neugierig zur Haustür mit rein, in den Hof und haben durchs Fenster gelugt. Mein Atelier liegt ja im Hinterhaus parterre. Dann haben wir sie verscheucht, und das war’s. Eine halbe Stunde später wurde die Wohnung gestürmt von Polizisten in Kampfanzügen. Wie viele es waren, weiß ich nicht mehr, jedenfalls war das ganze Atelier voller Polizei. Es war wohl gemeldet worden: Da werden Kinder für Pornos mißbraucht. Die Polizisten haben rumgesucht und nichts gefunden, auch hinter die Türen geguckt, ob da jemand versteckt ist, haben unsere Personalien aufgenommen und die Filmrollen und die ganze Ausrüstung beschlagnahmt. Dann kamen auch noch die älteren Brüder der Kinder und haben herumgeschimpft. Da habe ich den Polizisten gesagt, wir fühlen uns bedroht und sie sollen uns beschützen. Bald darauf bin ich zur Polizei gegangen und habe gejammert, sie sollen den noch nicht entwickelten Film nicht rausnehmen, wir wollen den selbst entwickeln. Wenn die Polizei das macht, könne was schiefgehen. Ich bin da an einen ganz netten Kommissar von der Sitte geraten, der hatte Verständnis, hatte auch schon von mir gehört, und sagte, der Staatsanwalt sei ein Fan von mir. Die Sache wurde dann irgendwann niedergeschlagen, ich konnte meine Filmrollen abholen, den Kommissar hab ich zur Premiere bei der Berlinale eingeladen und er ist auch gekommen. Die Polizei war gerufen worden von einer Frau, so einer ganz mißgünstigen, die einen Laden mit Westernklamotten hatte, der nicht lief und den es inzwischen auch nicht mehr gibt. Vielleicht hatte ihr ein Kind was von der Szene in der Grünanlage erzählt, das hat sie mißverstanden, oder das Kind hatte die Szene mißverstanden. Das war schon sehr unangenehm. Und als unsere Personalien aufgenommen wurden, erklärte Erika Rabau, die ja immer ein großes Geheimnis um ihr Alter macht, sie hätte keinen Ausweis mit, aber geboren sei sie 1940. Ich sagte zu ihr: Erika, du willst doch nicht behaupten, daß du nur vier Jahre älter bist als ich? Da kam diese unsinnige Antwort: Was kann ich dafür, daß du so alt aussiehst?

 

Kritische Anmerkungen

 

"Sort-of remake of 'Was Sie nie über Frauen wissen wollten', with crazy transvestites instead of crazy women." (Eintrag bei imdb.com, besucht am 29.11.2008)